Medikamentöse Schmerztherapie

Leider ist unser Körper in der Lage Schmerzen zu speichern. Infolge von massiven akuten Schmerzen bzw. langwierigen chronischen Schmerzen bildet sich in unserem Körper ein sogenanntes Schmerzgedächtnis aus.
Dies macht meist eine medikamentöse Therapie erforderlich. Dafür stehen uns verschiedene Substanzen zur Verfügung.

1986 wurde ein Stufenschema der WHO zur Schmerztherapie erstellt.

 WHO Stufenschema

  •  Stufe 1 – Nicht steroidale Antirheumatika und fiebersenkende Schmerzmedikamente z.B. die Wirkstoffe Ibuprofen, Diclofenac, Methamizol und Paracetamol.
    Die Einnahme von diesen Substanzgruppen ist bei akuten Schmerzen nur über einen Zeitraum von ca. 14 Tagen zu empfehlen bzw. als Bedarfsmedikation.
    Dies bedeutet, dass diese Substanzen über einen längeren Zeitraum nicht täglich eingenommen werden sollten, da dies sonst zu Störungen des Magen-Darm-Traktes und zu Nierenerkrankungen führen kann.
    Häufig werden diese Substanzen auch zur Therapie von Kopfschmerzen eingenommen. Bei einer Einnahme an mehr als 8 Tagen pro Monat kann dies zu einem sogenannten medikamentös induzierten Kopfschmerz führen.
    Dies bedeutet, dass diese Substanzen direkt auch Kopfschmerzen hervorrufen können.
  • Stufe 2 – dies sind Substanzen, die die Vorstufen der Opioide beinhalten z.B. Tramadol und Tilidin.
  • Stufe 3 – dies sind Substanzen der sogenannten Opiatabkömmlinge z.B. die Wirkstoffe Morphium, Hydromorphon, Oxycodon, Fentanyl, Buprenorphin. Zu Medikamenten der WHO-Stufe 3 gehören z.B. auch die sogenannten „Schmerzpflaster“.

Bei den Substanzen der WHO-Stufe 2 und 3 besteht ein Suchtpotenzial. Dabei unterscheiden wir zwischen dem psychischen Abhängigkeitspotenzial und dem körperlichen Abhängigkeitspotenzial.

Das psychische Abhängigkeitspotenzial wird bei Substanzen ausgelöst, die schnell nicht retardiert wirken. Diese Substanzen wirken meist nicht länger als 4 Stunden  z.B. Valorontropfen, Tilidintropfen, Tramadoltropfen, Sevredol, Morphintropfen und andere.

Retardierte Substanzen besitzen kein psychisches Abhängigkeitspotenzial.

Substanzen der WHO-Stufe 2 und 3 besitzen ein körperliches Abhängigkeitspotenzial, d.h. dass es bei Absetzen der Substanz  zu Entzugserscheinungen kommt. Diese äußern sich in Schmerzverstärkung, Unruhe, Durchfall, Übelkeit, Juckreiz, Schwitzen und anderen Symptomen.

Für Patienten mit opioidsensitiven Schmerzen (Schmerzen die auf Opiate der WHO-Stufe 2 und 3 ansprechen) ist die Dosis in der Regel niedrig. Das Suchtrisiko ist minimiert.

Patienten, die auf diese Medikation nicht ansprechen, brauchen kein Opiat.

Erkrankungen, die somatisch (körperlich) nicht hinreichend erklärbar sind (Fibromyalgie, somatoforme Störungen) stellen aus meiner Sicht eine absolute Gegenanzeige für Opiate dar.

Schnell und kurzwirksame Opiate (nicht retardiert – z.B. in Tropfenform) sollten aus meiner Sicht nur kurzzeitig, nicht länger als 14 Tage bei akuten Schmerzen  bzw. nur bei Tumorpatienten eingesetzt werden. Aus meiner Sicht besteht beim Nichttumorschmerz keine Indikation zur langfristigen Gabe nicht retardierter Medikamente der WHO-Stufe 2 und 3.

Wenn der Patient gewillt ist, diese Substanzen abzusetzen, ist auch in Begleitung eines Schmerztherapeuten eine ambulante Entzugsbehandlung möglich.

Besonders bei der Anwendung von Substanzen der WHO-Stufe 3 muss die Indikation kritisch und in Zusammenarbeit mit dem Patienten gestellt werden.
Eine Therapie mit einem Schmerzpflaster ist nicht immer sinnvoll und der Patient profitiert mehr durch eine orale Medikation (Tablettenform).

In unserer Praxis werden sehr viele Patienten mit neuropathischen Schmerzen behandelt, dies sind Schmerzen infolge von Verletzungen von Nerven.

Diese Schmerzform tritt auch infolge von Bandscheibenvorfällen auf.
Dabei kommt es infolge des Druckes der Bandscheibe auf eine Nervenwurzel zu dieser Schmerzform.

Der Einsatz spezieller Schmerzmedikamente ist erforderlich.
Hier ist der Einsatz von Antiepileptika und Antidepressiva sinnvoll. Diese beeinflussen die Weiterleitung der Schmerzreize und aktiveren das schmerzhemmende körpereigene System.
Meist ist eine Kombination verschiedener Substanzgruppen erforderlich. Nicht bei jedem Patient ist das gleiche Schmerzmedikament wirksam, so dass infolge von Nebenwirkungen bzw. von Wirkungslosigkeit auf ein anderes Schmerzmedikament übergegangen werden muss.
Koanalgetika

In unserer Praxis werden sehr häufig Antidepressiva eingesetzt. Antidepressiva sind in der Lage, das schmerzhemmende körpereigene System zu aktivieren.

Infolge der Schmerzen entwickeln Patienten sehr häufig eine Depression. Leider wirkt die Depression auch schmerzverstärkend. Dieser Teufelskreis kann häufig nur mit der Hilfe von Antidepressiva durchbrochen werden.

Gelegentlich rufen auch Depressionen direkt Schmerzen hervor. Auch in diesem Fall ist der Einsatz von Antidepressiva meist unabdingbar. Durch die Entwicklung moderner Substanzgruppen konnten die Nebenwirkungen der Antidepressiva deutlich reduziert werden.